Steinach, Gries, Brenner, Brennerbad (Terme di Brennero)
21 km
„Den Brenner herauf sah ich die ersten Lärchenbäume… …Am Neunten abend, als ich das erste Stück meines Tagebuchs geschlossen hatte, wollte ich noch die Herberge, das Posthaus auf dem Brenner, in seiner Lage zeichnen, aber es gelang nicht.“
Goethe, 11. September 1786, Italienische Reise
Kaum waren wir vor der Tür des Hotels begann es zu schütten und wir stellten uns in einem Hauseingang unter. Als es nachließ, stapften wir los. Wir folgten dem Brenner-Radweg. Zwischendrin stellten wir uns abermals wegen eines kurzen Wolkenbruchs unter ein Vordach.
Der Weg war in Ordnung, hoch über uns verlief die Brenner-Autobahn auf Stelzen.
In der Umgebung der St. Wendelin-Kapelle kamen wir an eine riesige Baustelle für den Brennerbasistunnel. Zur Besichtigung gab es anscheinend einen extra Wanderweg, den Panoramaweg Padastertal. Wir mussten aber Richtung Brenner weiter.
Wir folgten dem Zeichen der Via Romea, gingen auf einem Weg mit vielen Blumen nach wie vor unterhalb der Autobahn.
Nach einer Bahnunterführung waren wir uns unschlüssig. Vor starkem Regen flüchteten wir erstmal unter ein Tankstellendach und berieten den weiteren Weg. Die Alternativen waren die Straße ohne Seitenstreifen oder der Wipptaler Wanderweg. Wir entschieden uns für den Wanderweg, der ein Höhenweg war. Das war die richtige Entscheidung, aber bei den herrschenden Wetterbedingungen kein einfacher Weg. Es ging erst einmal extrem steil in einem Wald bergauf. Die Bäume hielten den Regen ab, so konnten wir aufwärts ohne Jacke gehen. Ein Alpensalamander kreuzte unseren Weg.
Wir kamen auf 1250 m, Wolken trieben vorbei. Teilweise stand in Waldschneisen das nasse Gras hüfthoch und unsere Hosenbeine waren in Kürze triefend nass. Wieder mal ein total vernachlässigter Wanderweg. Man sah nicht, wo man hintrat und musste mit dem Stock stochern, damit man in kein Loch trat und vielleicht den nahen Abhang runterkullerte. Echt nervend.
Zwei riesige Baumstämme, die in einem mehrere Jahre alten Reisebericht schon vermerkt waren, lagen da immer noch. Man musste beim ersten drüberklettern und beim zweiten unten durch, wozu man auch noch die Rucksäcke abnehmen musste. Und das alles bei dieser Nässe.
Irgendwann ging’s dann wieder bergab und nachdem wir uns durch Himbeergebüsch gekämpft hatten,
waren wir auf der Straße nach Gries. Es regnete wieder stark. Um ins Weiße Rössl in Gries zu gehen, waren wir inzwischen leider viel zu nass, also gingen wir auf einem Gehsteig an der Brenner-Bundesstraße weiter.
Noch 5 km bis zum Brenner. Das war abenteuerlich.
Der Gehsteig endete natürlich bald und der Weg abseits der Bundesstraße, auch ein Jakobsweg, war wegen Steinschlaggefahr unter Androhung von Höchststrafe gesperrt. Wir gingen also einen anderen Feldweg, der bald in einer Häusergruppe endete. Die Bundesstraße war weit über uns. Wir kletterten eine rutschige Wiese fast senkrecht nach oben, um nun doch auf der Straße zu gehen, immerhin mit Seitenstreifen an einigen Stellen.
Wir erreichten eine Plattform, wo nach rechts der Weg um den Brennersee abzweigte, der aber auch wegen Steinschlaggefahr gesperrt war.
Oh Schreck, hier war eine Grenzwache der Bundeswehr. Ein junger Soldat kam auf uns zu, hoffentlich verwehrte er uns nicht den Weiterweg nach Italien. Nein, natürlich nicht. Er sagte, wir könnten den Weg am See nehmen, er müsste uns nur vorab warnen. Wir schätzten das Risiko, von einem Stein getroffen zu werden, geringer ein, als auf der Bundesstraße überfahren zu werden.
Der Weg am See war vollkommen in Ordnung, nur am Ende irrten wir etwas umher und wählten einen Pfad durch den Wald, der an einer großen Baustelle endete. Wir kletterten eine steile Böschung hoch und standen auf einer großen asphaltierten Fläche. Diese mutig überquert, sie war glücklicherweise autofrei, kamen wir schließlich zum Ortsschild Brenner. Italien war zum Greifen nah und passenderweise kam die Sonne raus! Gleich standen wir am Grenzstein und machten gut gelaunt Fotos. Wir hatten Italien erreicht! Was für ein tolles Gefühl!
Im Grenzort Brenner machten wir Pause und marschierten dann in der Sonne weiter. Ein Goethe-Bild und -Zitat an einer Hauswand würdigten wir natürlich entsprechend. Wir waren ja auf seinen Spuren unterwegs.
Wir fühlten uns nicht eingeklemmt, Italien breitete sich ja vor uns aus. Ab dem Brenner gab es einen wunderbaren Fuß- und Radweg neben der Straße. Es war schön, die Gegend, durch die man gewöhnlich mit dem Auto auf der Autobahn rast, nun in Ruhe zu sehen.
Es regnete inzwischen wieder und es war kalt. Daher waren wir froh, als wir Brennerbad (ital. Terme di Brennero) erreichten, wo wir im Gasthof Silbergasser, einem 600 Jahre bestehenden Haus, essen und nächtigen konnten.